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16 Jan
16Jan

Der Lehrer als Bildungscoach nicht als Dominantes Wesen. Das fordert die Bildung heute.Als Kind wuchs ich in zerrissenen Verhältnissen auf. Mein Vater war gebildet, meine Mutter hatte nicht viel Zugang zu Bildung, aufgewachsen in einem kleinen Dorf an der Mosel in eine Familie die im Weinanabau und Hotelwesen durch Selbstständigkeit ihr Brot verdiente. Mit 18 Jahren hat sie geheiratet, zu jung für eine junge Frau voller Leben und Ideen. Mein Vater, gelehrt und Karriere orientiert, mit wenig Feingefühl für die Bedürfnisse seiner jungen Frau. Eine gescheiterte Ehe, vier Kinder in einer Zeit in der Kinder aus geschiedenen Familien wie Auswuchs behandelt wurden.

Schon sehr früh liebte ich es zu Lernen, in der Natur zu entdecken und Geschichten zu erzählen. Zu Hause gab es viel Unruhe was meine persönliche Kreativität einschränkte, zwei weitere Ehen und eine traurige und am Ende depressive Mutter machte es nicht leicht sich auf Bildung zu konzentrieren. Meine Mutter lass sehr gerne Bücher und erzählte Geschichten der Vergangenheit. Impulse die mich bis heute begleiten.

Was mir noch in Erinnerung blieb ist der Umgang der Lehrer mit Kindern wie wir es waren, oder Migranten Kinder, die sehr schnell einer Schublade zugewiesen wurden. Der Zugang zu weiterführenden Schule wurde oftmals blockiert. Eine Mutter die sich nicht mehr durchsetzen konnte und ein sich wehrlos ausgesetztes Gefühl begleitete mich in diesen Jahren. Meine Noten waren recht durchschnittlich. Meine Motivation war gering. In meinen Gedanken befand ich mich stets in der Zukunft und der Hoffnung das ich eines Tages andere Wege gehen würde. Meine Gegenwart war geprägt von meiner Hoffnung und dem wachsenden Ehrgeiz.

Von einem Kind aus einem solchen Milieu, das zudem sehr ängstlich ist, erwartete man nicht viel. Ich blieb ein «bildungsfernes Kind» mit wenig Potenzial, für die Lehrer. Als ich die Schule mit 16 Jahren wechselte, bekam ich einen Lehrer der mich mit anderen Auge betrachtete, und stets das höchste Potential in seinen Schülern sah. Von einem niedrigen Durchschnittszeugnis erhielt ich nun gute bis sehr gute Noten. Dem Lehrer der mein Potential sah und motivierte verdanke ich eine bessere Zukunft.

Schnell gehörte ich zum vorderen Drittel der Klasse. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich mich als eine Person, welche die Kapazität zu einem guten Schülerin hatte, und das blieb ich von da an. Meine Biographie zeigt, wie sehr Lehrkräfte Schlüsselpersonen für junge Menschen sein können. Bildungsferne Schüler haben das Potential zu einem guten Schüler, wenn der Lehrer in der Lage ist persönliche Empfindungen zur Seite zu legen, und Kinder als das zu sehen was sie sind. Junge Menschen in einer Entwicklungsphase – manche erhalten von zu Hause mehr Unterstützung als andere, doch dies kann und soll eine schulische Laufbahn nicht determinieren. Kein Lehrer hat das Recht zu entscheiden in welche schulische oder berufliche Laufbahn ein junger Mensch gleiten soll. 

Deshalb sollten wir den Begriff «Bildungsferne» aus unserem Vokabular verbannen. Denn «bildungsfern» meint eigentlich, «ungebildet» zu sein. Dem stimme ich nicht zu. Die berufliche Laufbahn der Eltern oder der finanzielle Hintergrund determiniert nicht das Bildungspotenzial eines jungen Menschen. Und aus der Forschung wissen wir, dass sich Lehrkräfte ein Urteil über einen Schüler nach den ersten 14 Tagen gebildet haben und es dann kaum mehr revidieren können.

Ist das nicht ein trauriges Ergebnis? Heute bin ich selbst in der Bildung tätig und sehe wie Lehrer mit Kindern umgehen. Vieles hat sich geändert, jedoch der standardisierte Leistungsdruck ist gestiegen, dies führt dazu, dass Lehrer in alte Muster verfallen. Unser Schulsystem hat viele Lücken und bedarf einer Reformation. Der Druck den Lehrer in ihrer täglichen Bildungsaufgabe verspüren, muß verringert werden. Solange dies nicht geschieht liegt es in der Hand der Lehrer, Diskriminierung zu vermeiden und Kinder als entwicklungsfähige Wesen zu sehen. Das bedeutet, jungen Menschen, ohne Blick auf Herkunft, Einkommen und Bildungsstand der Eltern, gleichwertig zu behandeln. 

Der Lehrer als Bildungscoach nicht als Dominanz. Das fordert die Bildung heute. 

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